An der Generalversammlung, die am Abend des 23. August 2017 in Bern stattfand, hat die Allianz für Ernährungssouveränität über das Gegenprojekt zur « Ernährungssicherheits-Initiative » diskutiert. Die Vorlage kommt am 24. September zur Abstimmung. In einer deutlichen Abstimmung ruft sie zum NEIN auf. Die Allianz hatte sich nie gegen die Initiative des Schweizerischen Bauernverbandes zur Ernährungssicherheit ausgesprochen. Das Gegenprojekt bringt jedoch einige zusätzliche Aspekte, welche die Allianz als besonders problematisch einstuft.
Es handelt sich um Absatz c) « eine auf den Markt ausgerichtete Land und Ernährungswirtschaft » und Absatz d) « Grenzüberschreitende Handelsbeziehungen, die zur nachhaltigen Land- und Ernährungswirtschaft beitragen ».
Diese Absätze können sehr breit interpretiert werden. So breit, dass es mittlerweile zwei Komitees gibt, welche versuchen, die Bevölkerung mit gegensätzlichen Argumenten zu überzeugen.
Markt der Betrogenen
Welchen Anforderungen und welchem « Markt » muss man sich unterordnen? Der heutige Markt ist ein Oligopol, gebildet aus zwei Großverteilern, die 80 % der Marktanteile halten und die nur Krümel für die Bäuerinnen, Bauern und landwirtschaftlichen Angestellten übrig lassen. Diesen Markt sollen wir bedienen? Heute haben die Bäuerinnen und Bauern keine wirklichen Geschäftspartner, die ihre unternehmerische Verantwortung wahrnehmen.
Um jedes Missverständnis zu vermeiden, hatte die Allianz für Ernährungssouveränität dazu aufgerufen, dass im Gegenprojekt erwähnt werden muss, dass auf die Erwartungen «der Bevölkerung» zu antworten ist und nicht auf die «des Marktes». Ohne Erfolg.
Scheinargumente des Ja-Komitees für den Gegenentwurf
Es scheint unmöglich, gleichzeitig konkurrenzfähiger und ökologischer zu werden. Aber angeblich ist das Gegenprojekt gerade dazu in der Lage: die Entwicklung eines fairen Handels, der es den Bäuerinnen und Bauern aus allen Ecken der Welt erlaubt, vergleichbare Einkommen zum Rest der Bevölkerung zu erwirtschaften und gleichzeitig mit gesenktem Kopf in Richtung Liberalisierung und sogar Freihandel zu steuern. Es ist dies ein ökonomisches Modell, das die Preise seit Jahrzehnten nur gesenkt hat, mit katastrophalen sozio-ökologischen Auswirkungen und dem Verschwinden der bäuerlichen Landwirtschaft. Pierre-André Tombez, Präsident der Allianz für Ernährungssouveränität erinnert eindringlich: « Mehr Markt mit gleichzeitig mehr Nachhaltigkeit ist nicht möglich. » Die Allianz für Ernährungssouveränität ist nicht gegen den Handel, aber sie hält fest, dass dieser sich durch mehr Kooperation entwickeln muss und nicht nur durch Wettbewerb.
Von Sicherheit zur Souveränität
Die Allianz hält fest, dass eine Wende unserer Agrar- und Ernährungspolitik notwendig ist. Deshalb unterstützt und engagiert sich die Allianz für die Initiative für Ernährungssouveränität, die voraussichtlich im 2018 zur Abstimmung kommt. Sie fordert eine bäuerliche, solidarische und vielfältige Landwirtschaft ohne Gentechnik. Die Initiative zielt auf eine Produktion von gesunden und regionalen Lebensmittel, in einem lebendigen ländlichen Raum, der Arbeitsplätze schafft, gerechte Preise, gute Arbeitsbedingungen und anständige Löhne ermöglicht und einen fairen internationalen Handel unterstützt.
Die Allianz für Ernährungssouveränität wurde im September 2016 gegründet und ist Trägerin der Initiative für Ernährungssouveränität. Unter ihrem Dach versammeln sich rund 250 Einzelpersonen und Organisationen aus landwirtschaftlichen, kirchlichen und sozialen Bewegungen.
Medienkontakt:
Pierre-André Tombez, Präsident Allianz für Ernährungssouveränität N: 079 634 54 87 (f/d)
Ulrike Minkner, Vizepräsidentin Allianz für Ernährungssouveränität T: 032 941 29 34 (d/f)
Die Plattform für eine sozialnachhaltige Landwirtschaft empfiehlt ebenfalls ein NEIN :
Der Vorstand der Plattform für eine sozial nachhaltige Landwirtschaft beschliesst ein Nein zum Gegenprojekt « Ernährungssicherheits-Initiative » aus folgenden Gründen :
Das Gegenprojekt führt zwei problematische Absätze ein :
c) « eine auf den Markt ausgerichtete Land- und Ernährungswirtschaft » und
d) der Bund schafft Bedingungen für « Grenzüberschreitende Handelsbeziehungen die zur nachhaltigen Land- und Ernährungswirtschaft beitragen.
Beide Absätze sind problematisch in der Interpretation und Konkretisierung : welcher Markt ist damit gemeint und welche sind die Konsequenzen für die kleinen Produzenten die der Konkurrenz des internationalen Marktes nicht standhalten werden können. Das Gegenprojekt erwähnt ebenfalls die Arbeitsbedingungen der landwirtschaftlichen Angestellten nicht.
Die Plattform für eine sozial nachhaltige Landwirtschaft ist der Ansicht, dass das Modell der industriellen Landwirtschaft welches tausende von Kleinbetrieben zur Aufgabe zwingt durch das Gegenprojekt nicht in Frage gestellt wird und den Aspirationen der Bevölkerung widerspricht. Wir empfehlen darum ein Nein in die Urne zu legen !
Die Plattform für eine sozial nachhaltige Landwirtschaft ruft zur Unterstützung der Volksinitiative « Für Ernährungssouveränität, Landwirtschaft betrifft uns alle » welche 2018 dem Volk unterbreitet wird auf.